Vielleicht seid ihr selbst davon betroffen oder ihr kennt zumindest Menschen, welche LRS (LRS steht für „Lese-Rechtschreib-Schwäche“.) haben, aber ihr habt nie verstanden, was dahintersteckt, wie es dazu kommt oder wie man damit umgehen kann? Hier möchte ich ganz kurz über das Phänomen berichten und Betroffene und Mitschüler aufklären und ihnen Mut zusprechen, damit umzugehen.
Wie äußert sich LRS eigentlich im täglichen Schulalltag?
Betroffene lesen oft sehr langsam, oder geraten oft ins Stocken und/oder lesen undeutlich. Sie lassen dabei manchmal Wörter oder Teile von diesen aus und fügen welche hinzu, verdrehen oder vertauschen diese. Außerdem passieren ihnen häufiger Rechtschreibfehler, auch bei häufig verwendeten und auch oft kurz hintereinander wiederholt geschriebenen Wörtern. In der Schule kann sich die LRS auf alle Fächer auswirken, denn Wörter begegnen einem überall. Meistens glauben die Betroffenen, in diesem Artikel sind insbesondere Schüler gemeint, nicht komplett an sich selbst und weigern sich in der Folge lieber, eigene Aufgaben vorzulesen, statt sich der Aufgabe offener zu stellen und vor der ganzen Klasse vorzulesen. Extreme Nervosität oder Ängste sind dabei nicht selten: Betroffene Kinder möchten anderen eben nicht zeigen, dass sie Schwierigkeiten mit dem Lesen haben. Hier beginnt dann ein Teufelskreis. Die innere Blockade fördert die Aufregung in diesem Moment und lässt die Auswirkungen der LRS womöglich in diesem einen Augenblick noch viel deutlicher zu Tage treten. Dies hemmt die Kinder noch mehr, einen weiteren Versuch zu unternehmen. Die Ängste werden also noch stärker.
Und gibt es keine „Heilung“ für Betroffene?
Um diese Frage zu beantworten, muss zuerst die Ursache erkannt werden. Forscher vermuten die Ursache der Lese-Rechtschreib-Störung im Gehirn. Geschätzt wird, dass in jeder Klasse sogar 2 bis 3 Kinder eine Lese-Rechtschreib-Schwäche haben.
Trotz langer Forschung ist bis jetzt nur ein funktionierendes Mittel zur „Heilung“ von LRS bekannt. Die Lerntherapie, welche sehr zeitaufwendig ist. Kinder lernen bei dieser spielerisch das Lesen und die Rechtschreibung. Das Spielerische hilft dabei, die Ängste für einen Moment zu vergessen, so dass sich die Kinder nicht selbst hemmen und unter Druck gesetzt fühlen. Nur dadurch lassen sich die Auswirkungen langsam zurückdrehen und Fortschritte erzielen.
Aber es gibt eine Vermutung auf eine weiteres „Heilungsmittel“. Dieser Ansatz befindet sich noch in den Anfängen und wird weiter erforscht. Forscher vermuten, dass sich das Gehirn bei LRS-Betroffenen von dem eines nicht Betroffenen unterscheidet.
Dazu müssen wir einen ganz ganz oberflächlichen Ausflug in die Medizin machen: Im Gehirn befindet sich „graue Substanz“, diese umfasst die Teile des Zentralnervensystems, welches sich überwiegend aus Zellkörpern von Neuronen zusammensetzt. Neuronen sind die Übermittler der Nervenimpulse. Also die Überträger aller Informationen im Gehirn.
Daneben gibt es auch noch die „weiße Substanz“. Das sind Bereiche des Zentralnervensystems, die wohl hauptsächlich aus den markhaltigen Ausläufern von Nervenzellen im Gehirn bestehen. Das klingt vermutlich anfangs sehr kompliziert, aber um das auf das Thema „LRS“ zu beziehen, müssen wir uns vereinfacht nur auf eine Erkenntnis der Medizin beschränken: Die Bereiche mit „weißer Substanz“ befinden sich im hinteren Teil des Gehirns. Forscher haben nun herausgefunden, dass die „weiße Substanz“ bei Menschen mit LRS durchschnittlich etwas geringer ausgeprägt ist, als bei Menschen ohne LRS. Bei einer Therapie mit Reizstrom soll dieser Bereich nun gezielt zum Wachstum angeregt werden. Niedrig dosierte Mengen an Strom, die gesundheitlich absolut unbedenklich sind, sollen also dabei gezielt in den Kopf geleitet werden. Es wird gehofft, dass Kinder durch die sogenannte „Stimulation“ in kürzerer Zeit größere Fortschritte mit der Lerntherapie erzielen können. Damit ließen sich schneller ihre Hürden überwinden.
Wie wirkt sich das auf Tests und Klassenarbeiten aus?
Kindern mit einer LRS werden im Unterricht und bei Tests die gleichen Aufgaben wie allen anderen vorgelegt. Jedoch bekommen Jugendliche mit einer diagnostizierten LRS – also wo diese von einem Therapeuten bestätigt wurde - manchmal mehr Zeit, um die Aufgabenstellung zu lesen und zu verstehen. Außerdem wird die Rechtschreibung bei diesen Kindern nicht benotet. Vielen ist diese Hilfe sehr wichtig, da sie dann auch die gleichen Chancen auf gute Noten, wie alle anderen bekommen sollen. Dazu gehört aber unbedingt auch das Gespräch mit den Lehrern.
Natürlich sind nicht alle Menschen gleich. Nicht alle LRS-Betroffenen identifizieren sich womöglich mit der obigen Beschreibung. Falls sich jemand angesprochen fühlt, sei es, weil er betroffen ist oder weil er Betroffene kennt und sie nun besser verstehen können und ihnen helfen möchte, gibt es in den Weiten Welten des Webs und in der Literatur gute Erklärungen und weitere Ausführungen sowie inspirierende Geschichten von Personen, die ihren Umgang mit der Lese-Rechtschreib-Schwäche gelernt und diese vielleicht sogar überwunden haben.
Wichtig muss uns allen sein:
Es gibt viele andere Menschen um uns herum, welche unter Schwächen leiden. Die Kinder können jedoch nichts für ihre LRS, sie sollten sich also auch nicht dafür schämen müssen. Wir alle sollten ihnen beim Vorlesen die Motivation und Zeit geben, die sie brauchen. Wir haben die Aufgabe, ihnen die Angst vor dem Lesen und Schreiben zu nehmen. Niemand muss seine LRS oder eine andere Schwäche geheim halten müssen. Womöglich finden Betroffene sogar neue Freunde, welche vielleicht die vorhandenen Ängste besonders verstehen und nachvollziehen können und sich untereinander unterstützen können. Es gibt viel zu viele Menschen, welche noch nicht das Selbstbewusstsein aufbringen können, mit dem Phänomen umzugehen. Ihr alle könnt diese Kinder inspirieren, ihr könnt einander helfen und zur Besserung beitragen.
Habt keine Angst, habt keinen Druck. Geht offen mit euren Schwächen um, denn ihr seid nicht allein.
Sonja Knoll für die Schülerzeitung HN